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    Zuletzt aktualisiert: 28.04.2014 um 10:34 UhrKommentare

    Das Rüsten für den großen Krieg

    Die Staaten pulverten Unsummen in die Aufrüstung ihrer Armeen, sie schlossen Bündnisse. Dass der große Krieg kommen würde, bezweifelte niemand. Nur der Zeitpunkt war offen. Von Christian Weniger.

    Im Gleichschritt zum Krieg: Kaiser Wilhelm marschiert stolz mit seinen sechs Söhnen auf

    Foto © PICTUREDESKIm Gleichschritt zum Krieg: Kaiser Wilhelm marschiert stolz mit seinen sechs Söhnen auf

    Um die Jahreswende 1913/1914 liefen in Wien die Vorbereitungen für den Weltfriedenskongress der pazifistischen Bewegung, der im September in der Kaiserstadt abgehalten werden sollte. Die österreichischen Friedensnobelpreisträger Bertha von Suttner (1905) und Alfred Hermann Fried (1911) wollten diesen Kongress organisieren. Der stechende Geruch des Krieges lag in Europa seit Jahren in der Luft.

    Rüstungswahnsinn

    Die Eiferer für den Frieden hatten keine Chance gegen die Treiber in den Krieg. Die Großmächte rasselten bei jeder Gelegenheit mit dem Säbel. Als sich Österreich das mit internationaler Zustimmung 1878 besetzte Bosnien-Herzegowina 1908 tatsächlich einverleibte, ohne andere zu fragen, drohte Russland mit Krieg, die Donaumonarchie versetzte ihre Armee in Kriegsbereitschaft, Serbien mobilisierte. Die Gemüter kühlten sich diesmal ab. Russland fühlte sich noch nicht stark genug für einen großen Krieg. Doch die Gefahr nahm nicht ab, sondern spitzte sich hinter den Kulissen weiter zu. Die Militärs spielten in den europäischen Staaten nicht nur eine große Rolle, sie führten auch ein Eigenleben, weitgehend unkontrolliert von der Politik. Und die Generäle wollten unbedingt Krieg, auf der einen wie auf der anderen Seite.

    In Österreich gehörte der Generalstabschef Conrad von Hötzendorf zu der scharfen Sorte General. Schon früh drängte er auf Krieg. Krieg gegen Serbien und gleich die Einverleibung dieses Gegners. Krieg gegen Italien, den offiziellen Bündnispartner, dem man nicht über den Weg traute. Europa erstarrte in Waffen, die Staaten rüsteten wie besessen auf. Russland baute rasant sein Eisenbahnnetz aus, gedacht für Truppentransporte. 1912 verschuldeten sich die Russen zusätzlich um 66,8 Millionen Rubel für die Armeeaufrüstung. Die Franzosen finanzierten die Aufrüstung Serbiens. Deutschland arbeitete fieberhaft daran, Flotte samt Heer auszubauen, und kümmerte sich noch darum, mit Instrukteuren die Armee des befreundeten Osmanischen Reiches auf Vordermann zu bringen. Die deutsche Kanonenschmiede Krupp machte exzellente Geschäfte bei der Bestückung der Dardanellen mit schwersten Geschützen. Militärbudgets und Armeestärken wurden aufgestockt.

    Und immer diese Sache mit den Deutschen. Weder die Briten noch die Franzosen oder Russen mochten sie. Sie mischten sich ein, als Frankreich 1912 einen Teil Marokkos zum Protektorat erklärte. Mit den Deutschen hatten die Franzosen ohnehin ein Hühnchen zu rupfen wegen des verlorenen Krieges 1870/71 und der damit verbundenen Wegnahme von Elsass-Lothringen. Der Deutsche Kaiser Wilhelm II. legte sich gleichfalls mit den Briten an, als diese den südafrikanischen Burenstaat mit Krieg überzogen. Und Wilhelm II. strebte nach Kolonien für sein Reich, was wiederum Großbritannien wie auch Frankreich nicht passte. Bei jeder sich passenden Gelegenheit wurde mit dem Säbel gerasselt, man war schnell bei der Hand mit teilweiser oder ganzer Mobilisierung von Armeen.

    Blut und Eisen

    Denn eigentlich regierte in den europäischen Staatskanzleien noch immer das Denken des ehemaligen deutschen Reichskanzlers Otto von Bismarck: "Die großen Fragen unserer Zeit werden mit Blut und Eisen entschieden". Und dann gab es noch die Hinterlassenschaft des großen preußischen Strategen Carl von Clausewitz, der den Krieg als Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln verstand. Nur waren Militär und Krieg kein Instrument der Politik mehr, sondern die Generalitäten hatten sich in den meisten Staaten verselbstständigt. Im Deutschen Reich beispielsweise übernahmen ab 1916 die Generäle Paul von Hindenburg und Erich Ludendorff als Chefs der Obersten Heeresleitung die tatsächliche Macht im Staat. Damit war der Krieg der Politik als Mittel entzogen und wurde zum bloßen Selbstzweck des Militärs.

    Auch wenn es niemand aussprechen wollte, aber alle Großmächte bereiteten sich, gedrängt von siegesgewissen Heerführern, auf den großen Krieg vor. Längst waren die Bündnisse geschlossen worden. Die Gegner standen aufgrund Dutzender Verträge und vor allem durch Interessen zusammengeschweißt fest: die Mittelmächte Deutschland und Österreich gegen die Triple Entente Frankreich, Russland und Großbritannien. Hochgerüstete Staaten, definierte Gegner verharrten in den Startlöchern. Keiner aber ahnte, was ein moderner, technisierter Krieg bedeuten würde.

    Bertha von Suttner starb am 21. Juni 1914 an Magenkrebs. Sieben Tage später wurden in Sarajevo der Thronfolger Franz Ferdinand und seine Frau erschossen. Im August brannte Europa schon. Der für September geplante Friedenskongress wurde abgesagt.

    CHRISTIAN WENIGER

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